Transalp 2000
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Prolog
Meine vierte Transalp soll uns vom Bodensee an den Lago Maggiore
führen. Nach Zusammenstellung des Teams war bereits alles klar, bis
Helmut wenige Tage vor der Tour durch einen bösen Sturz ausfiel...
Dann wollten wir die Tour zu dritt nun in Angriff nehmen, konnten
aber 4 Tage vor der Abfahrt noch Rolf über ein Posting im Internet
finden...
Also starten wir am 17.08.2000 zur Transalp durch die Schweiz:
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Strecke
Karte
Höhendiagramm
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Vortag
Da Roland und Rolf eine längere Anreise nach
Tettnang hatten, sind sie bereits am Vorabend zu mir gekommen. Nach einer
kräftigen Brotzeit drehen wir noch eine kurze Runde durch den Tettnanger
Wald und erfrischen uns mit einem Bad in der Argen.
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1 Tag ...Überführungsetappe
ins Appenzeller Land
Nach einer warmen Nacht in Tettnang und einem
ausgiebigen Frühstück ist nun auch Markus zu uns gestoßen. Nachdem wir
unser Gepäck im Rucksack verstaut haben kann die Tour beginnen. Doch
bereits auf meiner Haus- und Hofstrecke im nahegelegenen Wald verlieren
wir Rolf an einer Abzweigung. Nach dem Absuchen einiger Trails finde ich
ihn knapp unterhalb der Stelle, wo wir uns zuletzt gesehen haben...das fängt
ja gut an.
Weiter führt uns die Tour durchs Hinterland, über
Lindau und Bregenz bis nach St. Margrethen in der Schweiz. Bereits hier
schlägt Markus vor, die geplante Route durchs Rheintal nach Kiessern und
über einen eher laschen Übergang nach Appenzell zu verwerfen und eine
ihm bekannte Stecke über St. Anton und den Gäbris einzuschlagen. Schnell
finden wir Gefallen an diesem Vorhaben und fahren über schwach befahrene
Straßen, einige Forstwege hinauf ins Appenzeller Land. In St. Anton
kehren wir kurz ein und machen das erste Mal Bekanntschaft mit leckerem Sälzis...einer
feinen Schweizer Salami. Die letzten Meter hinauf zum Gäbris führt ein
schmaler Singletrail über einen bewaldeten Grad...
Die Abfahrt nach Gais ist unspektakulär, auf der
Straße fahren wir an Appenzell vorbei und erreichen schnell Weissbad. In
der dortigen Tourist-Info wird uns das Waldgasthaus Lehmen
(0041/71/7991348) mit seinem günstigen Matratzenlager empfohlen. Nach
einer kurzen und vergeblichen Suche nach einem Wanderweg entlang des
Baches entschließen wir uns, die letzten Kilometer bis zur Unterkunft auf
der Straße zurück zu legen. Kurz nach unserer Ankunft dort beginnt es zu
regnen...super Timing. Doch bereits nach dem Abendessen können wir
unseren ersten Sonnenuntergang in den Bergen genießen.
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2. Tag ...von Drecklöchern
und Klettersteigen
Der neue Tag beginnt mit Regen, dennoch ist es
angenehm warm. In unserer geplanten Zielrichtung wird es heller, so dass
wir beschließen noch zu warten, bis der Regen aufhört. Zehn Minuten später
ist es soweit und wir starten zu unserer zweiten Etappe. Der Anstieg zur
Schwägalp ist einfach und führt
uns auf einem Forstweg vorbei an Almen über eine kleine Anhöhe (1394 m)
hinab zur Talstation der Säntisseilbahn. Von dort an wollen wir entlang
des Berghanges hinüber zum Risipass fahren. Die Ausschilderung
„Dreckloch“ hätte uns eigentlich warnen müssen, denn alsbald
landeten wir in selbigem. Teilweise knietiefer Schlamm zwingt uns zu
zahlreichen Umwegen und Schiebepassagen. Endlich erreichen wir eine
asphaltierte Forststraße. Diese führt uns rasch in Richtung Risipass. Um
keine Höhe zu verlieren, wollen wir eigentlich auf dem Wanderweg bleiben
und nicht nach Bernhalden abfahren, doch als sich dieser plötzlich auf
einer Almwiese verliert, es zu donnern und zu regnen beginnt, fahren wir
schnell ins Tal ab. Bloß kein Gewitter an dieser exponierten und ungeschützten
Stelle riskieren. Doch kaum haben wir an einer kleinen Hütte im Tal
Schutz gefunden, hört der Regen auf und wir können abermals den Aufstieg
zum Risipass beginnen. Die 200 verlorenen Höhenmeter sind auf dem
geteerten Weg schnell wieder aufgeholt und wir erreichen nach einer kurzen
Schiebestrecke auf einem Wanderweg den Risipass (1459 m). Im letzten
Augenblick entdecken wir neben der geschotterten Fahrstraße auch noch
einen Wanderweg ins Tal, den wir als erfahrene Biker selbstverständlich
vorziehen. Es geht zunächst quer über eine Kuhweide, dann durch den
feuchten Wald bis wir schließlich Stein erreichen. Von dort aus wollen
wir auf dem am Bach entlangführenden Wanderweg weiter nach Alt St.
Johann. Als sich dieser aber als ständiges Auf und Ab auf einem schmalen,
teils unfahrbaren Trail als zu zeit- und kräfteraubend
erweist, beschließen wir nach einigen Kilometern doch lieber auf
der Straße weiter zu fahren...schließlich erwartet uns heute noch ein
weiterer langer Anstieg hinauf zum Nideripass.
In Unterwasser decken wir uns im Supermarkt erst
einmal mit einer deftigen Brotzeit ein. Diese wird dann an Ort und Stelle
mitten auf dem Marktplatz eingenommen.
Frisch gestärkt brechen wir auf, fahren vorbei am
Schwendrisee, über Oberdorf, Boden und den Ölberg. Von dort geht es
nochmals kurz bergab, um dann ab Germil die Bikes schiebend und tragend die Alpe Alti Hütte zu erreichen. Dort geht es
abermals auf einem Schotterweg hinab, bis an einem Brunnen und an einer
verfallenen Alm der Anstieg zum Nideri beginnt. Bald ist selbst das
Schieben unmöglich, da zahlreiche Rinnen, Felsbrocken und Steilstücke
diesen Aufstieg zu einer wahren Quälerei machen. Zudem ist es brütend
heiß. Letztendlich entschließe ich mich, das Bike mittels zweier Riemen
quer auf dem Rucksack festzuzurren, um wenigstens eine Hand frei zu haben.
Als dann gegen Ende auch noch ein Stahlseil ein etwa 20 Meter hohes
Kletterstück absichert, verfluche ich diesen Pass bereits...nicht wissend
dessen, was da noch kommen wird. Kurz vor dem Nideripass (1833 m) begegnen
wir noch einer Gruppe Wanderer, die uns erzählt, dass uns ein 600 Höhenmeter
langer, unfahrbarer Abstieg erwartet. Dies glauben wir zunächst nicht müssen
aber, als wir den schmalen Grad des Passes erreichen erkennen, dass sie
Recht haben sollten. Fast senkrecht unter uns liegt Lüsis, die geraden Stücke
zwischen den engen Serpentinen haben maximal die Länge eines Bikes, der
Untergrund ist locker und von spitzen Steinen übersäht, an Fahren ist
absolut nicht zu denken, selbst das Laufen mit den sperrigen Bikes ist
lebensgefährlich. Nicht auszudenken, was passiert, wenn einem hier die
Dunkelheit oder ein Regenschauer überrascht. Es ist absolut
unverantwortlich von einigen Bike-Zeitschriften (unsere Route stammt aus
einer der beiden bekanntesten deutschen Bike-Zeitschriften!) womöglich
Biker ohne alpine Erfahrung über einen derartigen Trail zu jagen. Das
bestätigt abermals meine Vermutung, dass viele der dort beschriebenen Übergänge
niemals von den verantwortlichen Autoren und Redakteuren befahren worden
sein können. Das Trinkwasser geht uns aus, die Sonne brennt unbarmherzig
und das lockere Geröll lässt uns immer wieder ausrutschen. Wir hätten
besser ab den Voralpsee Richtung Buchs abfahren sollen...das konnten wir
vorher ja nicht wissen...
Nach über einer Stunde erreichen wir schiebend und
tragend Lüsis (1272 m)...ohne auch nur einen Meter gefahren zu sein. Wir
übernachten im dortigen Gasthof im Matratzenlager, die Frage nach einer
Dusche wird durch „da oben hat´s einen Sautrog mit Wasserhahn“
beantwortet. Also baden wir 800 m über dem Walensee bei einem grandiosen
Bergpanorama und untergehender Sonne nackt im Sautrog.
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3.
Tag ...über den Kunkelspass nach Churwalden
Wir beschließen nach dem gestrigen Erlebnis am
Nideri die geplante Streckenführung zu verwerfen und die lieblos
zusammengestricke Route durch
einen Abstecher ins Traumrevier Lenzerheide zu ergänzen. Dies erspart uns
ca. 60 km Straßenetappe durch die Via Mala...entlang der Autobahn. Doch
zunächst fahren wir die 800 Höhenmeter auf einer steilen Schotterpiste
hinab nach Tscherlach. Rolf´s Ventilabriss sollte die einzige Panne auf
dieser Tour bleiben. Die Felgen glühen, der Weg ist staubig, aber wir
haben einen Höllenspaß auf dieser Abfahrt. Weiter geht es auf Wander-
und Radwegen nach Bad Ragaz. Von dort aus geht es auf einer Straße hinauf
nach Pfäfers. Am Stausee machen wir Rast, das eiskalte Wasser erstickt jedoch
unsere Badeambitionen im Keime. Weiter geht es durch das Tamintal hinauf
zum Kunkelspass (1357 m). Erst kurz davor endet die asphaltierte Straße
und geht in eine staubige Schotterpiste über. Nach einer kurzen Rast in
einer Wirtschaft auf der Passhöhe geht es auf
einer grandiosen Schotterpiste durch einige Tunnel hinab ins Tal.
Wir glauben beinahe am Tremalzo zu sein, so genial ist dieser Downhill.
Wunderschöne Blicke ins Rheintal wechseln sich ab mit Rinnen, Sprüngen
und lockeren Schotterkehren, dann geht es durch Tunnels und Galerien bis
uns die Piste letztendlich hinein in den kleinen Ort Tamins spuckt. Von
dort aus geht es weiter auf dem geschotterten Radweg hinab nach Chur. Nach
einer Rast und Einkaufspause und dem Auffüllen unserer Trinkflaschen
starten wir zum Anstieg Richtung Lenzerheide. Da es Samstag Abend ist,
erdrückt uns der starke Wochenendverkehr auf dieser scheußlichen Straße
fast. Als mich der zwanzigste Reisebus eindieselt, blicke ich immer wieder
sehnsüchtig auf den Schotterweg auf der gegenüberliegenden Talseite...zu dumm, dass wir von
diesem Gebiet noch keine anständige Karte haben und diese Alternative zu
der mörderischen Straße erst viel zu spät entdecken. Nach 50 ätzenden
Minuten erreichen wir schließlich Churwalden und beschließen dort zu übernachten.
Im Hotel Hemmi finden wir eine günstige Unterkunft im Vierbettzimmer. In
der gegenüberliegenden Pizzeria hauen wir uns zu schweizüblich hohen
Preisen den Magen voll, aber der Körper braucht nach den vergangenen
Etappen nach der Pizza einfach noch eine große Portion Pasta...
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4.
Tag ...die Traumtrails von Lenzerheide
Abermals
starten wir nach einem ausgiebigem Frühstück und bei Traumwetter in den
Morgenstunden zu einer Transalp-Etappe. Im Hotel haben wir uns noch kurz
die Wander- und Bikekarte Lenzerheide gekauft und fahren fortan auf der
ausgeschilderten Mountainbikestrecke nach Parpan. Von dort aus geht es auf
einem Wanderweg steil bergan Richtung Alp Stätz. Sehr schnell erkennen
wir, dass wir uns in einem Traumrevier befinden und sind erstaunt, dass
selbst schmalste und technisch anspruchsvolle Trails als offizielle
MTB-Strecken ausgeschildert sind. Wir befinden uns endlich mal an einem
Ort, wo wir als Biker wirklich willkommen sind und die zuständigen
Stellen Wege genau nach unseren Bedürfnissen geschaffen haben.
Wir fahren
auf dem Höhenweg das Tal entlang, interessante Downhill-Passagen wechseln
sich mit kurzen knackigen Anstiegen ab. Die ganze Zeit haben wir
traumhafte Blicke in das weite Tal. Wir entdecken einen schmalen
Singletrail nach Sporx, dort angekommen verlassen wir schnell wieder die
schmale Straße, um uns gleich wieder auf dem nächsten Trail
wiederzufinden...
In Lain
beschließen wir, die ins Tal hineinführende Straße nochmals bergauf zu
fahren, um auf der gegenüberliegenden Talseite nach Alvaschein
abzufahren. Wir queren einen Golfplatz und befinden uns bereits wenige
Minuten später abermals auf einem traumhaften Trail, der uns hinab ins
Tal führt. Ab Alvaschein folgen wir der Ausschilderung Tiefenkastel,
kommen an einer malerisch gelegenen Kirche vorbei und finden uns
letztendlich in einem kleinen Kieswerk am Albula-Bach wieder. Wir reißen
uns die Kleider vom Leib und stürzen ins
hellblaue eiskalte Wasser.
Nach einer
kurzen Brotzeit in Tiefenkastel beginnt der Aufstieg nach Mon. Um
die stark befahrene Straße Richtung Savognin zu umgehen entschließen wir
uns, an der Ostflanke in das Tal einzufahren. Schnell sind wir in Mon,
fahren über Salouf in Richtung Savognin. Unsere Suche nach einem günstigen
Hotel gestaltet sich heute etwas komplizierter als an den Vortagen, denn
bei den hiesigen Orten handelt es sich durchgehend um ein teures Pflaster.
Letztendlich landen wir im Hotel Garni am Ortseingang von Savognin. Beim
anschließenden Abendessen nervt Markus den Kellner solange, bis dieser
bereit ist, den Koch zu überreden uns einen Kaiserschmarren zu
machen...nicht auf der Speisekarte verzeichnet. Der Kellner verspricht uns
diesen für 21.00 Uhr...wo wir dann Versprochenes auch bekamen.
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5.
Tag ...die Römer bauten uns den besten Singletrail der Alpen
Um der Hitze zu entgehen und schnell an Höhe zu
gewinnen, entschließen wir uns bis Bivio auf der Straße zu fahren. Der
parallel verlaufende Wanderweg wäre hier sicher eine Alternative gewesen,
aber würde uns beim anstehenden Aufstieg zum Septimer nur in die
Mittagshitze treiben. Der Verkehr hält sich so früh am Morgen noch in
Grenzen, so dass und dies nicht weiter stört. In Bivio angekommen kaufen
wir nochmals ein, füllen die Trinkflaschen und starten durch, um den
Septimerpass (2310 m) auf einem gut ausgebauten Wirtschaftsweg zu
erreichen. Die Sonne brennt, der Wind bläst unbarmherzig, dennoch
gewinnen wir schnell an Höhe. Nach einer Brotzeit knapp unterhalb
des Passes beginnt wohl einer der schönsten Abfahrten in den ganzen
Alpen. Selbstverständlich folgen wir nicht der Ausschilderung
„Mountainbikes“, sondern biegen sofort in den schmalen Trail ein.
Schon nach wenigen Metern kreuzen sich beide Wege wieder und auch der
Fahrweg geht in einen Trail über. Ab einer renovierten römischen Brücke
beginnt der Spaß erst richtig...seit 2000 Jahren verlegte Steinplatten,
verschoben und weggerissen durch die Erosion, dann wieder durchgehend und
an einigen Stellen ganz fehlend, bilden ein technisch anspruchvolles aber
dennoch für gewiefte Fahrer fahrbares Singletrailensemble erster Güte.
Enge Serpentinen wechseln sich ab mit Steilstufen und Drops, gepaart mit
Querrinnen und flachen Steinplatten abermals abgelöst von kurzen Geröllfeldern...ein
wahres Freudenfeuer an Herausforderungen an Fahrtechnik und Material.
Schließlich erreichen wir die 1799 m hoch gelegene Alm Maroz Dora.
Von hier ab wollten wir ursprünglich in das Val da Cam hineinfahren. Doch
der 400 Höhenmeter lange Anstieg auf einem unfahrbaren Trail und die
ungewisse Abfahrt am Ende des Tals schrecken uns von diesem Vorhaben ab.
Also fahren wir zunächst auf der Schotterpiste weiter hinab ins Tal.
Immer wieder kreuzt die alte Römerstraße den Weg, aber die großen
Steinplatten, die hier zum Bau verwendet wurden, schrecken uns nach einem
kurzen Befahrungsversuch ab. Erst weiter unten, wo wahrscheinlich den Römern
nachfolgende Generationen die Straße als Quelle für billiges Baumaterial
ausgeschlachtet haben, wird der Trail für uns wieder interessant.
Letztendlich erreichen wir nach fast 1000 Hm Singletrail-Vergnügen
Cassacia. Doch sogleich geht es weiter, der Ausschilderung Solglio folgend
befinden wir auf dem „Sentiero Panorama“ und blasen auf einem schmalen
Pfad am Bach entlang. Oberhalb von Roticcio entschließen wir uns auf
dieser Traumroute zu bleiben und keinesfalls die Straße unten im Tal zu
benutzen. Um nicht allzu sehr an Höhe zu verlieren, fahren wir zunächst
auf einem Forstweg bergan Richtung Nambrun, um dann in einer Serpentine
wieder auf den steil nach unten führenden Wanderweg zu stoßen. Was nun
folgt ist eigentlich unbeschreiblich: ein technisch höchst
anspruchsvoller, steiler, aber für uns dennoch fast durchgehend
befahrbarer Trail hinab ins Tal. Nach der Überquerung eines Baches
schieben wir die Bikes abermals auf einem Pfad nach oben. Erst nach fast
20 Minuten können wir wieder fahren. Als wir aber auf einem kleinen
Plateau ankommen, erkennen wir schnell, dass sich dieser Aufstieg dennoch
geloht hat. Wir genießen die grandiose Aussicht auf die Berninagruppe,
die gegenüberliegende Staumauer des Lago d l´Albigna.
Der Weg führt immer wieder steigend und fallend
entlang des Hanges. Die fahrbaren Passagen sind äußerst interessant,
aber werden immer wieder von verblockten Abschnitten und steilen Anstiegen
unterbrochen. Als wir eine Forststraße queren, haben wir erst ein viertel
des Panoramaweges hinter uns gebracht. Wir fahren die Schotterpiste
bergauf, um an einem kleinen Kiosk, dessen Werbetafel wir am Weg gesehen
haben, zu vespern. Bei Apfelstrudel und Hirschsälzis gibt uns die Verkäuferin
einen Prospekt mit unten im Tal gelegenen Unterkünften. Per Handy
buchen wir uns in einem kleinen Gasthaus in Spino ein. Eigentlich wollen
wir nun weiter auf dem Höhenweg fahren, aber aufziehende Gewitterwolken
lassen uns von diesem Vorhaben abkommen, da uns noch mindestens 2 Stunden
Fahrt auf dem anspruchsvollen Trail bevorstehen. Wir fahren auf der
Schotterpiste nach Viscosoprano ab, biegen auf den parallel zur Straße
verlaufenden Wanderweg ein und genießen hier abermals das
Singletrail-Vergnügen dieses Tales...hier kann man eigentlich nichts
falsch machen...man landet immer wieder auf schönsten Trails und Pfaden.
Unsere Unterkunft im Matratzenlager stellt sich als
Baucontainer heraus, egal wenigstens ist es billig und im zugehörigem
Gasthaus gibt es Spaghetti. Wir blicken zurück auf den wohl am stärksten
mit traumhaften Singletrails gesegneten Tag unseres Lebens.
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6.
Tag ...vom Comer See zum Passo San Iório
Bis zum Comer See erwartet uns nun eine ätzende Straßenetappe.
Lediglich der Teil bis Chiavenna ist dank seines Gefälles noch ganz
angenehm. Wir frühstücken nach einem ausgiebigen Einkauf in einem
kleinen Laden am imposanten Cascate d. Acqua Freggia. Markus geht es
gesundheitlich nicht besonders, so dass er beschließt, die Tour am
vorletzten Tag abzubrechen. Er fährt auf der Straße bis nach Lugano und
tritt die Heimreise mit dem Zug an.
Wir rasten recht lange in Gravedona am Comer See, um
der ärgsten Mittagshitze vor dem Anstieg zum Passo San Iório zu
entgehen...immerhin erwarten und hier noch 1500 Höhenmeter bis zur
Rifugio Giovo (1714 m).
Gegen 16.00 Uhr starten wir und fahren über Benzio
Richtung Stazzona bergan. Endlose Serpentinen auf dem schmalen Teerweg führen
uns schnell nach oben, die Sonne brennt unbarmherzig und wir trinken eine
Flasche nach der anderen leer. Kurz vor Stazzona nehmen wir fälschlicherweise
die Abzweigung nach Vergosio, kommen an zwei Sendemasten vorbei und
erkennen unseren Fehler erst 400 Höhenmeter weiter oben, als der Teerweg
plötzlich endet. Auf die Frage an einen Anwohner nach dem Weg und nach
dem „wo sind wir eigentlich?“, bekommen wir mit unseren bescheidenen
Italienischkenntnissen die Antwort, dass wir in Bravo sind und etwa 200 Höhenmeter
zurück müssen. Außerdem erfahren wir, dass die Rifugio Giovo nicht
bewirtschaftet ist und man irgendwo im Tal den Schlüssel abholen
muss...klasse. Als wir ziemlich gefrustet wieder abfahren wollen, führt
uns der ältere Mann hinter das Haus, zeigt auf einen Trampelpfad und gibt
uns zu verstehen, dass wir dort schiebend nach St. Anna, einer kleinen
Trattoria an der richtigen Strecke, gelangen könnten. Das mit dem
Schieben ist für uns natürlich ein Witz, denn der schmale Singletrail
stellt sich als sehr gut befahrbar heraus. Schon nach 2 Kilometern
erreichen wir die richtige Straße und die Trattoria. Auf unsere Frage
nach einer Übernachtungsmöglichkeit erfahren wir, dass man genau hier
den Schlüssel für die Rifiugio Giovo bekommt... so ein Glück muss man
erst einmal haben. Der Wirt packt uns für 30000 Lire zwei Baguettes, fast
ein halbes Kilo Wurst und Schinken ein und gibt uns ein Kilo Spaghetti und
Tomatenmark nebst einer Zwiebel zum Kochen mit auf den Weg. Wir machen uns
auf den 14 Kilometer langen Anstieg und reißen die verbliebenen 700 Höhenmeter
runter. Langsam geht die Sonne unter und die Kräfte schwinden, ziemlich
erschöpft erreichen wir die Hütte. Wir beginnen sofort mit der
Zubereitung des Abendessens, genießen einen unvergesslichen
Sonnenuntergang und fallen erschöpft ins Matratzenlager.
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7. Tag ...Trails zum Lago Maggiore
Das mitgebrachte Frühstück genießen wir in der
Morgensonne auf der Terrasse der Hütte. Wir können die Passhöhe und
weitere Almen schon sehen, als wir zu unserer letzten Etappe aufbrechen.
Wir sind gespannt auf den Übergang, denn in der „Mountainbike“ ist er
als schwer eingestuft worden. Ich schätze den folgenden Anstieg auf der
steilen, teilweise stark erodierten Schotterpiste auf ca. 20 min
ein...letztendlich brauchen wir über eine halbe Stunde für die letzten
300 Höhenmeter bis zum Passo San Iório (2014 m). Kurz vor der Passhöhe
steht eine weitere Hütte (Rifugio San Ióro 0039/348/8124356), in der wir
hätten übernachten können...komischerweise war diese in meiner
Kompasskarte gar nicht eingezeichnet. Nach einem kurzen Schiebestück
hinter der Hütte erreichen wir den Pass, von welchem mehrere Wege ins Tal
führen. Da der Talort mit Roveredo angegeben ist, entscheiden wir uns für
den am Westhang der Marmontana gelegenen Trail, der zunächst leicht
bergan und dann im wesentlichen eben an der Flanke entlang führt. Ganz
grob folgt der Pfad der hier oben verlegten Stromleitung und später
erkennen wir, dass er am ca. 2 km entfernten, nordwestlichen Strommasten
auf einer Bergkuppe endet. An Fahren ist nicht zu denken, der links
liegende Abgrund, im kniehohen Gras versteckte Felsbrocken und lose Steine
machen den Übergang zwar zu einem leidlich begehbaren, aber nicht
befahrbaren Streckenabschnitt. Mit einiger alpiner Erfahrung und
Trittsicherheit ist der Pfad aber in ca. 1 Stunde zurück zu legen. Schließlich
erreichen wir eine Wetterstation oder ein geologisches Observatorium (ganz
genau lässt sich dies nicht erkennen). Hinab geht es fortan auf einer
stark erodierten und von zahlreichen Schlaglöchern und Querrinnen übersäten
Schotterpiste. Wir gelangen an eine Abzweigung und folgen der
beschriebenen Richtung nach Roveredo auf einem geteerten Weg. Nach einer
kurzen Abfahrt steigt dieser abermals an und endet schließlich in einem
dunklen Tunnel, welcher ca. 300 m durch den Berg führt. Am anderen Ende
beginnt eine gut ausgebaute Asphaltstrecke, die uns fast 400 Höhenmeter
ins Tal begleitet. Wir nehmen die erstmögliche Abzweigung nach Arbedo und
folgen fortan einer Schotterpiste, welche bald darauf in einer kleinen
Siedlung am Hang endet. Der beschilderte Wanderweg ist zunächst nicht
auffindbar, so dass wir erst einmal einen Anwohner nach dem Weg fragen müssen.
Dieser zeigt uns den versteckten Einstieg in den Singletrail, der uns fast
durchgehend befahrbar, nicht enden wollend am Hang entlang führt.
Irgendwann erblicken wir eine Straße unter uns, folgen aber so lange wie
möglich dem parallel verlaufenden Sentiereo. Danach fahren wir einige
Kilometer auf der Straße hinab ins Tal. Ich fahre dummerweise an einem
abzweigenden Trail vorbei, finde aber wenige Kilometer abermals einen
Einstieg. Die letzten Höhenmeter vernichten wir auf einem technisch sehr
anspruchsvollen, mit groben Steinen gepflasterten Wanderweg und erreichen
letztendlich Arbedo. In der erstmöglichen Einkehrmöglichkeit stärken
wir uns an einer Portion Pasta, fahren dann den Bahnhof von Bellinzona an,
um uns nach den Rückreisemöglichkeiten zu erkundigen. Wie schon befürchtet,
sind die Preise unverschämt hoch und
vor allem die Fahrzeiten bis nach Bregenz unerträglich, so dass wir
beschließen uns nach einem Mietwagen umzusehen.
Die letzten 20 km bis nach Locarno am Lago Maggiore
verlaufen auf der stark befahrenen Straße. Angekommen in der quirligen
und hektischen Stadt am See sehnen wir uns gleich in die Einsamkeit der
Berge zurück. Nachdem wir mehrere Autovermieter abgeklappert haben,
bekommen wir zu einem ganz passablen Preis einen Ford Mondeo aus
Deutschland. Würden wir einen Schweizer Wagen nehmen, würden Rückführungskosten
von bis zu 500 SF auf uns zukommen!
Nachdem dies geklärt ist, buchen wir über die
Tourist-Info eine Übernachtungsmöglichkeit. Dort angekommen wird unsere
Frage nach einer Unterstellmöglichkeit für unsere Bikes damit
beantwortet, wir könnten sie ja hier draußen auf der Straße stehen
lassen...Wir fahren weiter zur nächsten Unterkunft, wo wir unsere Bike im
Treppenhaus abstellen können.
Den restlichen Nachmittag verbringen wir am Strand,
feiern unsere Ankunft mit ein paar Flaschen Bier...
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8. Tag
...Rückreise
Nach einer heißen und lauten Nacht...zum Glück
hatte ich Oropax dabei...frühstücken wir auf dem Zimmer, fahren nochmals
an den Strand. Um 11.30 soll unser Mietwagen kommen. Die restliche
Wartezeit verbringen wir im Schatten am Rande einer Hotelanlage. Nach
Regelung der Formalitäten laden wir unsere Bikes in den geräumigen Kombi
und treten die Heimreise an...vorbei an einigen Stationen unserer Alpenüberquerung
fahren wir über den San Bernardino zurück an den Bodensee. Die
Klimaanlage und das Traumwetter gestalten die dreistündige Fahrt durch
die Schweiz zu einer ganz angenehmen Rückreise. Nach einer kurzen Rast
bei mir in Tettnang bringen wir Rolf an den Stadtrand von München und
fahren bei Einbruch der Dunkelheit noch bis nach Aalen.
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Fazit:
Wunderschöne
Individualistentour abseits der inzwischen recht überlaufenen klassischen
Routen.
Alpine
Erfahrung, der sichere Umgang mit Wanderkarten, ein technisch einwandfreies
Bike und sehr gute Fahrtechnik ist für diese Tour erforderlich.
Eine Route, die
ich vor allem erfahrenen Alpencrossern empfehlen kann, die bereits mehrmals
Obersdorf – Gardasee gefahren sind und mal was Neues sehen wollen...
Die Rückreise
mit einem Mietwagen stellt bei schlechter und teurer Bahnverbindung eine
praktische Alternative dar. An das Mitnehmen des Führerscheines und einer
Kreditkarte sollte gedacht werden....
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Tops:
- Bad
im Sautrog in Lüsis
- Downhill
von Kunkelspass
- Das
Traumrevier Lenzerheide
- Der
Semptimperpass mit seiner Römerstraße
- Übernachtung
in der Rifugio Giovo
Flops:
- Die
ursprüngliche Route
- Das
Dreckloch
- Der
unfahrbare und gefährliche Nideri
- Die
Straße nach Lenzerheide
- Die
Preise der Schweizer Bahn
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