Transalp 1998
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Prolog
Es sollte der Start zu meiner zweiten Transalp werden, diesmal höher, länger und
härter- mit 8 Personen aus ganz Süddeutschland. Geplant hat die Route wie letztes Jahr
wieder Timo Rokitta, basierend auf der Transalp 5 aus dem "Bike" Magazin und dem
Buch Transalp von Toni Wölfinger.
Da die Tour in Steinach am Brenner startet, mußte die Anreise bereits am Freitag
Nachmittag erfolgen. Mit 3 Bikes auf meinem Heckträger ging es los. Schnell mußten wir
feststellen, daß diese Transportmöglichkeit alles andere als ideal für lange Strecken
auf der Autobahn ist. Tempo 110, ein ständiges Gewackel, und das ungute Gefühl,
jederzeit die Bikes zu verlieren...
Wir (Dirk, mein Bruder Roland und ich) schafften es dennoch unbeschadet, Steinach
zu erreichen. Timo und Dieter (1997 ebenfalls dabei) waren bereits da und haben die
gebuchte Pension ausfindig gemacht. Die Zwillinge Rainer und Bernd sowie Rolf hatten am
späten Abend in der Dunkelheit einige Probleme, die Unterkunft zu finden.
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Strecke
Karte
Höhendiagramm
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1. Tag - Eiseskälte
Nachdem wir uns beim Frühstück zunächst einmal kennengelernt haben, parkten wir
unsere Autos am Lift, bauten die Bikes zusammen und machten uns auf den Weg. Bei
schleußlichem Wetter ging es zunächst auf der alten Brennerstraße bergauf bis
nach Gries und danach nach Obernberg. Langsam setzte Regen ein und der Weg führte weiter
auf einen Forstweg. Bald ging dieser jedoch in einem unfahrbaren Wanderweg über, so daß
wir unsere Bikes zum ersten Mal auf dieser Tour schieben mußten...nicht zum letzten Mal.
Nachdem sich die Sonne ab und zu noch einmal blicken ließ, begann der steile Aufstieg
auf das Sandjöchl (2166 m). Zum strömenden Regen kam Nebel und Kälte, auch das Schieben
der Bikes war nun nicht mehr möglich. Wir mußten sie schultern und bergauf schleppen.
Auf der Paßhöhe erwartete uns ein eisiger Wind, aber auch der freie Blick nach
Italien...ohne Regen.
Nach dem Anziehen sämtlicher Gore Tex Jacken, Beinlinge und Regenhosen ging es auf der
Brenner Grenzkammstraße hinab nach Bella Italia. Klamme Finger und kalte Füße waren in
der ersten Kurven dieses Downhills auf Schotter der Preis für unsere erste Abfahrt. Auch
das Material mußte seine Feuertaufe bestehen...zwei Durchschläge am ersten Tag...na wenn
das so weiter geht.
Unten im Tal mußten wir erst einmal Kohlenhydrate tanken: Pastapfanne für 8 Personen.
Danach machten wir uns auf den Weg über Sterzing nach Ridnaun. Zum Abschluß befuhren wir
einen Wanderweg, auf dem des Unwetter der letzten Woche ( Murenabgang bei Fransensfeste)
etliche Spuren hinterlassen hatte. Da es Samstag Abend war, hatten wir in Ridnaun
erhebliche Probleme, eine Unterkunft für acht Personen zu finden. Erst nach
zweistündiger Suche waren alle Biker untergebracht.
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2. Tag - Bergwerke
Durch das malerische Lazzachertal fuhren wir durch das Gebiet des
höchstgelegenen Bergwerkes Europas (2345 m) auf dem fahrbaren Forstweg hinauf zur
Poschalm. Nach einer kurzen Pause ging es weiter auf dem Wanderweg bis zur
Schneebergscharte (2687 m). Leider mußten wir die Bikes den ganzen
Weg schieben und im oberen Bereich tragen. Nach einer kurzen Besichtigung der
Bergwerksruine erreichten wir schließlich die Paßhöhe. Der Regen vom Vortag bescherte
uns für den Monat August unerwartet gute Aussicht auf die umliegenden Bergketten.
Nach dem obligatorischen Gipfelfoto ging es hinab auf
dem
anspruchsvollen Singletrail zur Scheeberghütte. Reiner verstauchte sich bei einem Abgang
den Fuß und eine Folge des grobschottigen Weges war eine verbeulte Felge an Bernds
Hinterrad...mit einem auf der Hütte entliehenen Hammer und Meißel mußte das lädierte
Teil notdürftig gerichtet werden.
Als wir uns gestärkt hatten, sollte es hinab Richtung
Timmelsjochpaßstraße gehen. Im letzten Augenblick entdeckten Dirk und ich, daß die
extra für Mountainbiker ausgezeichnete Abfahrt nicht der einzige Weg hinab war, sondern
der Ausschilderung Schauraum folgend, vorbei an einigem Bergwerksschrott, lag ein
traumhafter, aber technisch sehr anspruchsvoller Singletrail. 4 Biker unserer Gruppe
wagten den heißen Ritt hinab bis zu einem kleinen See, der sich aufgrund der Mineralien
der Abraumhalde rot gefärbt hatte. Bis auf einige Kehren und Stufen war dieser Weg
fahrbar...ein Tip für alle, denen die Abfahrt von der Schneebergscharte bis zur Hütte
noch zu einfach war.
Als wir uns mit dem Rest der Gruppe wieder getroffen hatten,
rasten wir auf der genialen Abfahrt bis zur Timmelsjochstraße. Dort angekommen,
versuchten wir den im Talgrund gelegenen Wanderweg zu erreichen. Leider endete unsere
Abfahrt in einem Bauernhof, deren freundliche Besitzerin mir den Weg erklärte. Nach dem
Überwinden zweier Zäune, einem Platten und einiger Brennesseln, erreichten wir
schließlich den Talgrund. Entlang des Baches ging es fortan auf einer Schotterpiste bis
nach Moos, direkt zum Mooserwirt, welcher glücklicherweise noch 8 Betten zu einem fairen
Preis frei hatte.
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3. Tag - nichts für Fußkranke
Heute erwartete uns der höchste Paß der Alpenüberquerung: das 2908
m hoch gelegene Eisjöchel. Zunächst fuhren wir auf der Straße 600 Höhenmeter hinauf
nach Pfelders. Nachdem wir Rolands von der Bremse aufgeschlitzten Mantel geflickt hatten,
konnte der Anstieg auf dem Forstweg bis zur Laziser Alm beginnen. Nach den Angaben aus der
Zeitschrift "Mountain Bike" erwartete uns eine Schiebestrecke von 500
Höhenmetern. Wir haben vergeblich versucht, auf dem 1000 m hohen Anstieg die 500
fahrbaren Höhenmeter zu finden. Wieder einmal zeigte sich, daß man sich nicht blind auf
die Angaben der Zeitschriften verlassen kann.
Leider war das Wetter an diesem Tag weniger gut, so daß ein
großer Teil des Aufstieges im dichten Nebel erfolgen mußte. Die Ersten erreichten die
Eisjöchlhütte nach zwei Stunden, der Rest der Gruppe brauchte eine Stunde
länger..Rainer mit verstauchtem Fuß. Nach einer Stärkung mußten wir rasch zum
Aufbruch drängen, da Regen einsetzte und die folgende 2300 Tiefenmeter lange Abfahrt
bevorstand. Das erste Stück fand auf wunderbaren Trails durch die Hochgebirgslandschaft
statt, danach folgte die nicht enden wollende Abfahrt auf Schotter. Als wir im Schnalztal
den Asphalt erreichten, wurde der Regen dichter, so daß die 25 km lange Straßenabfahrt
ins Vinschgau zu einem nassen Vergnügen wurde.
Die unangenehme, 10m km lange Fahrt auf der Hauptstraße (von
Meran zum Reschenpaß) endete in Latsch. Nach der Auskunft im Tourist-Büro konnten wir
unsere Quartiere beziehen.
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4. Tag - Marathonetappe
Als sich 3 Mitglieder unserer Gruppe entschlossen, am Tarscher Joch den Lift zu nehmen
und dafür die Etappe um einen Paß bis auf das Rabbijoch zu verlängern, entstand für
die restlichen 5 eine beachtliche Etappe von 50 km und 3100 Höhenmetern. Das Gondelfahren
kam für uns jedoch nicht in Frage.
Nach dem 600 Höhenmeter langen Anstieg auf der Straße bis zur Talstation folgte ein
weiterer auf einem Forstweg. Nach dem Passieren der Bergstation begann die eigentliche
Arbeit: Abermaliges Schieben und Tragen des Bikes bis zum Tarscher Joch (2480 m). Was nun jedoch folgte, war alles andere als angenehm...eine
Schiebe- und Tragepassage bergab. Der Weg hinab vom Tarscher Joch ist aufgrund lockeren
Gerölls nur zum Teil fahrbar, erst beim Erreichen des Schotterweges kommt man als Biker
auf seine Kosten. Dieser setzt sich leider nach wenigen Kehren in einem Asphaltweg fort,
welcher wenig zu bieten hat, einzig ein gefährlicher Weiderost sorgt für einen kurzen
Adrenalinschub.
Die glücklicherweise nur spärlich befahrene Straße nach St.
Gertraud führte uns dann an den Fuß des Rabbijoches. Die Anfrage bei einigen Wanderern
ergab, daß unsere Gondelfahrer ca. eine halbe Stunde Vorsprung vor uns hatten. Nachdem
wir in einem Gasthof nochmals unsere Trinkflaschen gefüllt hatten, begann der Aufstieg.
Schnell setzten sich Bernd und Roland von uns ab und rasten durch das Kirchbergtal den
Berg hinauf. Nachdem ich an einer Alm eine Weile auf Dirk warten mußte, begann für uns
eine längere Schiebestrecke. Die Sonne hatte sich bereits hinter den umliegenden
Berggipfeln versteckt, der Weg zum Passo die Rabbi wollte nicht mehr enden...
Zur Erschöpfung kam ein psychologisches Problem: immer wieder
erklommen wir einen Grad, dachten es geschafft zu haben und mußten ernüchternd
feststellen, daß nach einem kurzen Flachstück bereits der nächste Anstieg auf uns
wartete. Langsam wurde ich ungeduldig, mein Magen schrie förmlich nach Spaghetti...
Als wir endlich nach der Überschreitung des Rabbijoches. (2467
m) die Haselgruber Hütte erreichten, erwartete uns Roland mit der Meldung: "Ich
warte seit 45 min auf Euch, die Anderen habe ich bis auf Rolf alle überholt!". Auf
der Hütte hatten sich über 30 Biker eingefunden.
Noch vor dem Duschen verschlang ich die erste Portion Spaghetti.
Die freundliche Wirtin der gemütlichen kleinen Hütte versorgte uns vorzüglich mit ihren
Speisen. Leider war das Duschwasser nach dem Massenandrang der vielen Biker eiskalt.
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5. Tag - in der Brenta
Der Tag begann mit einem spitzen Downhill vom Rabbijoch. Ein gut fahrbarer Singletrail
führte uns talwärts. Nachdem wir einen Forstweg überquert hatten wurde die Abfahrt sehr
technisch aber immer noch bezwingbar. Nach Dieters obligatorischem Abgang erreichten wir
schließlich das Tal. Fortan ging es auf der Straße abwärts bis zu einem kleinen Laden,
wo wir uns mit Speck und Brötchen eindecken konnten.
Was danach folgte, war weniger angenehm: eine viel zu lange Straßenetappe über Male,
Cles und Tuenno zum Lago di Tovel. Eventuell wäre der Weg über die Rifugio Peller und
den Lago Verde schöner gewesen, was aber einen ganzen Tag in Anspruch genommen hätte.
Nach dem Auftanken der Trinkflaschen und einiger kleiner Reparaturen an den Bikes
folgte der 4 1/2 stündige Aufstieg zum Groste Paß (2442 m) durch
die grandiose Landschaft der Brenta. Der zunächst noch fahrbare Schotterweg ging bei
einer Höhe von 1500 m in eine Schiebepassage über. Dem Rat eines Einheimischen folgend,
welcher den Wanderweg 371 für fahrbar erklärte, versuchten 5 Biker unserer Gruppe den
Groste Paß auf diesem vermeintlich einfacheren Weg zu erreichen....es sollte sich als
Trugschluß herausstellen. Zwar erreichten wir den Paß etwa 20 Minuten vor den Anderen,
der Weg konnte aber nur in kurzen Abschnitten befahren werden. Zweifellos führte er uns
aber mit der Umrundung des M. Turrion basso durch den landschaftlich reizvollsten Teil der
Brenta.
Die drei Übrigen folgten dem kürzeren Weg 314, welcher aber
nicht fahrbar war. Der Paß trieb die bereits am Vortag beschriebenen Psychoterror bis zur
Perfektion...ca. 8 mal meint man, die Paßhöhe erreicht zu haben und immer wieder muß
man ernüchternd feststellen, daß nach einer kurzen Abfahrt ein weiterer Aufstieg
folgt...das Bike tragend.
Nach dem Bezug unseres 12 Mann Zimmers in der Rifugio Graffer und
dem endlosen Anstehen an der einzigen Dusche dieser doch recht ungemütlichen
Albvereinshütte konnten wir noch ausgiebig unserer Pastaorgie nachgehen, um die
verbrauchten Kalorien wieder zu ersetzen.
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6. Tag - Singletrail nach Riva
Der nächste Morgen brachte reichlich Diskussionsstoff für unser 8-Mann Team: Sollte
über die als ziemlich langweilig beschriebene Forststraße oder auf dem Wanderweg
Richtung Rifugio Vallesinella abgefahren werden? Dirk, Roland und ich beschlossen, das
Risiko einzugehen und den unbekannten Wanderweg zu probieren...
Wer wagt gewinnt... die Abfahrt über den Wanderweg führte uns über einen der besten
Singletrails der Alpen zur Rifugio Vallesinella. Bis auf wenige Passagen ist diese
technisch anspruchsvolle Abfahrt gut fahrbar, führt durch ein unglaublich schönes Tal
und eine immer enger werdende Schluchtl. Wir wurden beinahe zornig bei dem Gedanken, daß
der Rest der Gruppe diese Traumabfahrt versäumt hatte.
Nachdem wir den Cascade di mezzo passiert hatten, erreichten wir den Forstweg, welcher
uns ins Val d´ Angola führen sollte. Wir überholten noch kurz eine Gruppe Biker, die
morgens kurz vor uns an der Hütte auf dem Forstweg gestartet war. Nach dem 400 m hohen
Anstieg erreichten wir schließlich den Lago di Val d`Angola, wo wir auf den Rest unserer
Gruppe warteten.
Da sich hier sehr viele Transalp-Routen auf dem Weg nach Riva del Garda treffen, sind
an diesem Lago ungewöhnlich viele Biker unterwegs. Auf dem Schiebestück zum Passo Bregn
de l´Ors (1836m) herrschte reger Verkehr. Leider fehlt auf dem Weg
die Beschilderung der Wanderwege, so daß die Orientierung nicht immer einfach ist. Der
Versuch auf dem Wanderweg 333 die Rifugio Ghedina zu erreichen, endete damit, daß wir
unsere Bikes den Berg hinauf zurückschleppen mußten. Wir entschlossen uns dann doch
dazu, auf dem Forstweg ins Tal zu gelangen. Die Wahl war nicht schlecht, denn was
folgte war eine 20 km lange Schotterabfahrt, welche an Funfaktor in den Alpen
ihresgleichen sucht.
Nach einer kurzen Rast in der Refugio Ghedina erreichten wir
schließlich die Straße nach Stenico. Über Ponte Arche und Dasindo führte uns der Weg
in das Val Lomasona. Zunächst war der Weg noch geteert, ging aber recht bald in einen
Schotterweg und schließlich in einen schmalen Hohlweg über...natürlich steil bergauf.
Nach einer schier nicht enden wollenden Schinderei passierten wir die Rifugio San Pietro
und rasten auf der Straße nach Riva del Garda. Anders herum wäre dieser Weg besser
gewesen...
Auf der Touristinfo ergatterten wir die letzten 8 Betten in ganz
Riva in einem Hotel...mit Seeblick. Nach dem Abendessen tranken wir zur Feier des Tages
noch eine Flasche Rotwein am nächtlichen Seeufer.
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Rückfahrt
Der Weg nach Rovereto war durch einen LKW Streik blockiert, Verkehrschaos in Riva und
Torbole...nicht für uns. Alles steht, nichts geht, nur Biker und Motorroller entwischen
dem Chaos. Nachdem wir bergab den LKW-Convoy überholt hatten, gehörte die Straße uns
allein.
Nachdem wir am Bahnhof unsere Fahrkarten für sage und schreibe 19000 Lire (ca. 19,-DM)
inklusive Biketransport gelöst hatten, war noch kurz Zeit für ein paar Einkäufe. Die
Bahnfahrt führte uns zurück auf den Brenner, von dem aus wir nach Steinach zu unseren
Autos rollten.
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Fazit
- Insgesamt haben wir 368 km und 12100 Höhenmeter
zürückgelegt.
- Wir haben einen Tag weniger als geplant gebraucht.
- Das Finden einer Unterkunft ist auch zu 8 möglich, was
zu mehr Flexibilität bei der Routenlänge führt.
- Freitags und Samstags sollte man eine Unterkunft im
voraus buchen, auf Hütten reicht es in der Regel im Laufe des Tages anzurufen.
- Mit hoher Teilnehmerzahl steigen das Pannenrisiko und die
Meinungsverschiedenheiten.
- Die Rückreise mit der Bahn ist sensationell billig, ein
Auto am Zielort zu postieren wäre reine Geldverschwendung. Allerdings werden bei
überfüllten Zügen Biker nicht mehr mitgenommen.
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