Lenzerheide – Vals
Heute werden wir vorbei am Piz Scalottas hinab nach Thusis und danach über den Glaspass und den Tömülpass bis nach Vals gelangen. Bereits am frühen Morgen erwartet uns strahlender Sonnenschein. Es wird heute heiß werden, sehr heiß. Unsere erste Panne am heutigen Tag hat Frank bereits 2 Minuten nach dem Start zu vermelden, ein schleichender Plattfuß zwingt uns zum Stopp, bevor es richtig losgeht.
Dann geht es die steile Auffahrt im Skigebiet hoch, vorbei an der Alpe Nova in Richtung Piz Scalottas. Alles in allem ist Lenzerheide im Sommer nicht gerade ein Schmuckstück. Die alpine Landschaft ist übersäht mit unansehnlichen Skipisten, die Schotterwege sind steil und zum Biken eher ungeeignet. Sicher macht es mit Skiern im Winter viel Spaß erst steil hinab und dann im Flachen schön komprimiert zu werden. Aber genau dieses Profil ist beim Biken alles andere als angenehm. Erst auf der Rampe in den Lenker beißen, um dann wenig später ein ganzes Stück lang durchs Flache zu radeln. Wir beschließen daher auch auf die letzten Meter bis zur Bergspitze des Piz Scalottas zu verzichten und wenden uns stattdessen gleich der Abfahrt in Richtung Thusis zu.
Leider ist das erste Stück ganz oben von Kühen völlig zertrampelt, die Erosionsrinnen sind tief, der Weg ist alles im allem ein ziemlicher Reinfall. Als wir den Wald erreichen, hoffen wir erst einmal auf Besserung. Dem ist leider nicht so. Die Kuhherde, die hier wohl mehrmals durchtrampelt hat den Weg in ein knietiefes Waschbrettmonster verwandelt. Immer wieder rutschen die 4 Beine der schwerfälligen Tiere in die selben Löcher und nehmen ein bisschen Dreck mit nach oben. Mit der Zeit entsteht dann besagtes Waschbrett, auf dem man sich selbst beim Schieben schier die Haxen bricht. An Fahren ist oft nicht zu denken. Nach einigen sehr beschwerlichen Metern begegnen wir denn auch noch den Übeltätern dieser Wegedeformation: eine ganze Herde wird gerade nach oben getrieben. Wir ziehen es vor die ganze Sache in den Büschen neben dem Weg an uns vorbei ziehen zu lassen, statt hier gegen den Strom zu schwimmen. Nach dieser Begegnung wird der Weg zwar besser, aber das liebe Vieh hat natürlich beim Aufstieg erst einmal den gesamten Inhalt all seiner Innereien entleert und großflächig auf dem Weg verteilt. Na egal, reichlich beschmiert erreichen wir schließlich die Alp Parnegl.
Ab hier führt uns eine Schotterpiste 400 Höhenmeter nach unten. Der Spaß hält sich in Grenzen, ein schöner Trail wäre uns allen lieber gewesen. Dann fehlt Frank wieder. Wir warten und was war? Noch einen Platten. Durchschlag am Hinterrad, warum? schnell auf Schotter unterwegs und heute Morgen beim ersten Plattfuß wohl etwas wenig Luft in den Reifen gepumpt. Egal, der Zwangsstopp findet gerade dort statt, wo auf einer Höhe von 1150 Metern endlich ein Trail von der Schotterpiste abbiegt. Ein alter Almweg führt fortan durch einen Hohlweg durch den Wald ins Tal hinab. Leider wird die schöne Abfahrt irgendwann von einem Steinbruch jäh unterbrochen und wir müssen auf einem gerade noch erkennbaren Pfad durchs Gestrüpp an der Kante des Steinbruches entlang fahren. Schließlich erreichen wir wieder einen Schotterweg, der uns bis nach Scharans führt. Fazit zur Abfahrt: nicht empfehlenswert.
Am Brunnen werden erst einmal die Trinkflaschen aufgefüllt, dann geht es weiter auf der Straße nach Thusis. Auf einer Brücke queren wir zunächst die Albula, wenig später auch noch den Rhein. Rein geografisch befinden wir uns ab jetzt in den Westalpen.
Nach einem kurzen Halt zum Einkaufen in Thusis wenden wir uns der Auffahrt auf den Glaspass zu. Inzwischen ist es Mittag und dementsprechend haben sich die Temperaturen nach oben entwickelt. Die Hitze im Südwesthang bei der Auffahrt zum Glaspass ist beinahe unerträglich. Zum Glück ist in den zahlreichen Ortschaften, die wir passieren immer wieder ein Brunnen mit erfrischendem kühlem Quellwasser zu finden. An die 6 Liter braucht heute jeder von uns auf den 1100 Höhenmeter langen Anstieg zum Pass.
Schon seit Scharans befinden wir uns auf der Bikeroute Alpin Bike des Mountainbikelandes Schweiz. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl ausgeschilderter Strecken, die zumindest in Graubünden auch zum größten Teil aus schönen und fahrtechnisch durchaus interessanten Trails bestehen.
Günter hat heute gewaltige Probleme mit der Hitze. Mit Frank haben wir zwischendurch auch ein kleines Problem, er fehlt einfach. Vermutlich hat er einen Wegweiser zur Mountainbikeroute, die abseits der in langen Schleifen aufwärts führenden Straße verläuft, übersehen. Egal, alle Wege führen nach oben und kreuzen sich wieder. Irgendwann entdeckt uns Frank, fährt einen quer verlaufenden Wirtschaftsweg zu uns hinab und fährt von hinten wieder auf uns zu.Nach einer Rast, bei der wir die zuvor gekauften Leckereien verzehren geht es weiter in Richtung Glaspass.
Oben müssen wir sehr lange auf Günter warten, zu lange. Irgend etwas stimmt nicht. Wir befürchten schon, dass einer von uns zurück muss, als er endlich auftaucht…am Ende seiner Kräfte. Die letzten Höhenmeter wurde er von Krämpfen geplagt, ein Höllenritt.
Nach kurzer Rast brechen wir wieder auf. Die Bikeroute biegt links ab, ein steiler Betonweg führt nach unten. Ich befürchte schon, dass uns so die schöne Abfahrt vom Glaspass entgehen wird. Daher beschließen wir statt der Beschilderung zu folgen zunächst einmal nach Inner Glas weiter zu fahren. Hier beginnt der Trail, der auf einem alten Saumpfad ins Safiental führt. Meine Befürchtung mit dem Betonweg war falsch, denn kurz hinter Inner Glas treffen sich beide Weg wieder. Der Trail ist sehr schön zu fahren, technisch anspruchsvoll und teilweise sehr ausgesetzt. Ein echter Leckerbissen für Freunde schwerer Abfahrten. Zudem ist der Weg stellenweise sehr spektakulär in die steile Felswand hineingebaut worden.
Wir erreichen schließlich Safien Platz, wo wir in der Herberge Rathaus erst einmal eine Pause einlegen. Es gibt für jeden eine Cola und wieder einmal frisches Wasser am Brunnen. Günter probiert es mit einer warmen Suppe.
Die folgende Auffahrt Thalkirch und Turrahus ist einfach und entspannt. Auf der schmalen Straße herrscht kaum Verkehr, der Wald spendet etwas Schatten und die Steigung ist angenehm. Nach einer weiteren kurzen Pause im Berggasthof Turrahus und noch einer Cola widmen wir uns gegen 17.00 Uhr dem letzten großen Anstieg des Tages, der 700 Höhenmeter langen Auffahrt zum Tomülpass.
Im der Abendsonne ist die umliegende Landschaft in ein fantastisches Licht getaucht. Die Auffahrt ist zwar stellenweise steil und grobschottrig, lässt sich aber zu großen Teilen im Sattel sitzend bewältigen. Leider ist die Sonne heute etwas schneller wie wir, so dass wir die letzten 300 Höhenmeter hinauf im Schatten der umliegenden Berge bewältigen müssen. Günter schlägt sich wacker, indem er den ganzen Aufstieg schiebend absolviert. Dabei ist er genau so schnell unterwegs wie der Rest der Mannschaft.
Schließlich erreichen wir den Tomülpass. Schnell werden die Protektoren angelegt und los geht´s. Und was uns jetzt erwartet, damit hätte keiner von uns heute noch gerechnet. Die Abfahrt vom Pass entpuppt sich als absoluter Traum. Zunächst flowig und schnell, immer wieder unterbrochen durch technische Abschnitte, kniffelige Felspassagen, dann wieder Sektionen die zum Springen und Rasen einladen. Die Idelallinie ist gut eingefahren, gibt den Weg vor, macht Spaß. Wir werden übermütig, ein waher Freudentaumel stellt sich bei dieser Abfahrt ein. Inzwischen haben wir die Alp Tomül hinter uns gelassen, die Sonne ist hinter dem Horizont verschwunden, die Sichtverhältnisse werden schlechter. Dann passiert das was kommen mußte, ich versemmel nach einem größeren Sprung über eine Felssektion die Landung, erwische mit dem Hinterrad eine scharfe Kante aus Stein und die Luft ist raus. Schnell wird der Schlauch gewechselt und weiter gehts. Wir passieren die Waldgrenze. Bei 1876 kreuzt ein Schotterweg den Trail. Wir kreuzen den Schotterweg und bleiben natürlich auf dem Trail. Mein Hinterrad will nicht so recht laufen nach der Panne von vorhin, irgendwie hat der schmale Ersatzschlauch zu viel Platz im breiten 2,5″ Mantel und schwimmt darin herum. Und schon wieder ist die Luft raus. Shit. langsam ist es dunkel. Ich fange an meinen ersten Mantel zu flicken und schicke Frank zu den Anderen vor. Jetzt greift Plan B: Frank und Günter fahren hinab nach Vals und machen sich auf die Suche nach einer Unterkunft. Michael wartet meine Reparatur ab, dann geht´s es auch für uns weiter. Der Trail führt schließlich komplett hinab nach Vals. Zum Schluss fliegen wir über eine schmucke Almwiese auf das malerische Vals zu.
Die Hotelsuche in Vals gestaltet sich doch etwas komplizierter als geplant. Die Herbergen sind entweder unbezahlbar oder ausgebucht. Wir finden schließlich was für 85,- SFR und checken ein.
Fazit Tag 2:
Mal abgesehen von der ersten Abfahrt vom Piz Scalottas haben wir heute traumhafte Downhills bei relativ einfachen Uphills genießen können. Das Wetter war einfach Spitze.
Bilder:
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Statistik Tag 2:
2700 Höhenmeter
60 km
7 h Fahrzeit
11 h unterwegs
Übernachtung:
Hotel Restaurant Balma
7132 Vals
Tel. +41(0)81 920 77 47
Fax +41(0)81 920 77 48
info@hotel-balma-vals.ch
GPS:
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Karte:
Wanderkarten Kümmerly + Frey Wanderkarte 20, Surselva – Disentis – Valsertal – Flims
Kompass Wanderkarte 123, Flims / Surselva / Valser Tal