Wir schreiben das Jahr 1988, ganz Baden Württemberg ist durchzogen von schmalen Wanderwegen. Herrliche Landschaften auf der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald und entlang der vielen Flüsse und Bäche laden ein, seine Freizeit in der Natur zu verbringen, dort Sport zu betreiben und sich fit zu halten. Da wird in den USA eine neue Sportart entdeckt, aus Radfahren wird Mountainbiken, aus Wanderwegen werden Trails und man geht nun zum biken auf die Trails. Dem Biker eröffnet sich ein Paradies, das Singeltrailparadies Baden Württemberg mit zehntausenden von Kilometern schmaler Wege, alles bestens kartiert und sogar beschildert. Es hätte so schön werden können, wäre da nicht eine uralte Tugend der Schwaben gewesen: die Angst vor Neuem, Unbekanntem, dem Fremdem. Was neu ist, was der Schwabe nicht kennt, ist per Definition erst einmal böse. Und was die altvorderen sieben tapferen Schwaben noch mit einem großen Spieß bewerkstelligten, wird in der modernen Zeit mit Paragraphen im Landeswaldgesetz geregelt. Und da heißt es kurz und knapp, biken ist böse, Trails dürfen nicht befahren werden und Wege müssen mindestens 2 Meter breit sein, basta.

 

Wir schreiben das Jahr 1998. Ganz Baden Württemberg hat das biken entdeckt. Sportliche Betätigung in und mit der Natur, keine stinkenden Abgase auf dem Weg zum Sportplatz, da von zu Hause aus gestartet wird, kein Landschaftsverbrauch, weil bestehende Infrastrukturen genutzt werden..Alles in bester Ordnung? Ja, aber leider nur fern der Heimat, denn wer biken will tut dies in Italien, in Österreich oder in der Schweiz, oder eben illegal im Schwabenländele. Das Geld wird woanders verdient, Zehntausende von Mountainbikern brechen auf zum Alpencross und füllen in den Urlaubsländern die im Sommer leer stehenden Unterkünfte des Skitourismus.

Wir Schreiben das Jahr 2001. Es wird gebikt, die Trails werden befahren, Zweimeter Regelung hin oder her, kontrollieren kann das Trailnetz eh kein Mensch. Da plant die Landesregierung den nächsten Schwabenstreich: Ab sofort soll nur noch auf Wegen gefahren werden dürfen, die breiter als 3.5 Meter sind. Das nennt man Fortschritt! Kurzum, der Schwachsinn wird aufgrund einer gewaltigen Protestwelle gekippt. Das Landeswaldgesetzt bleibt wie es ist, ein zahnloser Tiger mit 2 Metern Breite.

In der Schweiz gibt es inzwischen zehntausende Kilometer ausgeschilderte Singletrais, Österreich legalisiert das Biken, Italien lockt mit schönem Wetter und beeindruckender Landschaft. Zudem entstehen überall Bikeparks, das Biken bekommt neue Facetten wie Freeriden und Dirtjumpen.

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Wir schreiben das Jahr 2008, nach 20 Jahren wird eine weitere schwäbische Tugend geweckt: Man sagt den Schwaben ja nach, sie seien geiziger wie die Schotten. Das stimmt nicht ganz, sie sind sparsam und geschäftstüchtig. Und Sie schnallen (schwäbisch für verstehen, erkennen) irgendwann einmal, dass man mit den Bikern Geld verdienen kann, ja sogar prächtig Geld verdienen kann. Also, was muss her, eine Etappenbikeroute als mehrtägige Tour durch die Mittelgebirge, alles fein beschildert, mit Internetseite, GPS und allem drum und dran.

Mit Infos zu touristischen Sehenswürdigkeiten sowie zahlreichen Informationen entlang der Stecke. Ein schickes Buch wird gedruckt und vom Tourismusverband Schwäbische Alb vermarktet. Eine echte Alternative zum Alpencross, schreiben die Initiatoren. Und man glaubt es kaum, auf den einwandfreien und in Hochglanz gedruckten Blättern dieses Bikeführeres entdeckt man ab und zu eine gestrichelte Linie. Zugegeben, man muss diese Linien im Roadbook noch mit der Lupe suchen, aber sie sind da. Es gibt Trails in Baden Württemberg, wer hätte es gedacht? Nicht bloß Schotterpisten in Wald und Flur, fernab der geteerten Radwege entlang der lauten und stressigen Straßen, eine Entdeckung! Ein Anfang. Juhu wir dürfen biken gehen, daheim vor der Haustür, ganz legal. Und bitte schön, gleich eine ganze Woche, die schönen Orte an der Strecke besuchen, dort zum Essen gehen, dort übernachten, Geld liegen lassen. Bald kann man die Tour buchen, mit Guide und Gepäcktransport, übernachtet wird im Wellness-Hotel, mit allem drum und dran. Willkommen im Biker Paradies: in Baden Württemberg.

Ein schaler Beigeschmack bleibt jedoch: Wird hier versucht, zu kanalisieren statt zu legalisieren, will man die Biker weg von den schönen Trails lenken und sie auf die beschilderte Strecke verweisen? Ob diese Rechnung aufgehen kann? Denn der Schwabe besitzt noch eine dritte Tugend, er ist schlau. Und der Schwabe bikt inzwischen selbst. Er nimmt sich eine Wanderkarte zur Hand und sucht sich die roten Linien rechts und links der offiziellen Bikestrecke. Daher liebe Gemeinden am Albrad: macht Euch stark, kippt diese unselige Zweimeterregelung und vielleicht schaffen wir es dann vielleicht nach 30 Jahren, im Paradies anzukommen.

Nichts ist beständiger wie der Wandel, der Sport wandelt sich, die nächste Generation bikt springt und buddelt bereits…
Und die Väter würden ihren Söhnen und Töchtern gerne von einer faszinierenden Sportart im Einklang mit Natur und Umwelt berichten. Von Sport statt Glotze, von Naturerlebnis statt Ballermann. Eigentlich, aber was müssen sie tun? Sie müssen Ihren Kindern beichten, dass das was sie jedes Wochenende mit Hingabe tun, eigentlich verboten ist. Warum?

Zum Schuss will ich eines nicht vergessen. In Baden Württemberg leben auch noch andere Völker. Die haben auch Ihre Tugenden, daher will ich sie Nicht vergessen. Daher liebe Franken, Badener, Zollernälpler und Bayern, begehret auf! Geht Biken! Stoppt den Unsinn und denkt alle daran: Du bist Deutschland!

Das Tourbook zum Bike-Crossing Schwäbische Alb ist im Buchhandel zum Preis von 14,80 Euro erhältlich.
Es enthält den gesamten Streckenverlauf auf 20 Kartenblättern (Maßstab 1:54.000), Streckenbeschreibungen, Höhenprofile und Informationen über Radservicestationen, Orte am Trail, Übernachtungsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten entlang der Route und vieles mehr.

ISBN-Nr. 978-3-939657-01-9

Das Buch gibt es hier zu kaufen:

Links:

Schwäbische Alb

Das Märchen von den sieben tapferen Schwaben

Normativer Unsinn…das Landeswaldgesetz

Weitere Informationen:

Wanderkarten 1:50000

Blatt 15 Göppingen Geislingen

Blatt 16 Aalen Heidenheim

Blatt 17 Rottenburg Balingen

Blatt 18 Reutlingen Bad Urach

Die Wanderwege des Schwäbischen Albvereins: