Für mein Buch 101 Dinge, die ein Mountainbiker wissen muss habe ich vor knapp zwei Jahren ein Interview mit Lutz Scheffer geführt. Da der Text dort etwas gekürzt werden musste, gibt es hier nochmal das komplette Interview zum Nachlesen:

Hallo Lutz
Vielen Dank, dass Du bereit bist an eigenem Interview für das Buch „101 Dinge die ein Mountainbiker wissen muss“ mitzuarbeiten. Das Buch ist im Herbst 2019 erschienen.

Zu Dir: Wie alt bist Du und wie bist Du zum Mountainbiken gekommen und was bedeutet Mountainbiken für Dich persönlich?
Hallo, ich bin 52 Jahre alt und fahre seit über 40 Jahren Mountainbike.
Damals hieß es natürlich nicht so. Ich bin in Denzlingen bei Freiburg aufgewachsen und dort war der 1241m hohe Kandel mit seinen Wanderwegen mein Hausberg.

Lutz Scheffer auf Mountanbiketour

Du arbeitest beruflich als Bikeentwickler. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe Industrie Design und Transportation- Design in Pforzheim studiert. Kurz gesagt: ich habe im Laufe des Studiums erkannt das die Automobilindustrie nichts für mich ist. In Verbindung mit der Firma VOTEC habe ich meine Diplomarbeit in Form eines Achsschenkel-gefederten Mountainbikes gemacht. Dort habe ich auch meine ersten Rahmenbau-Lehrjahre verbracht, bis ich mit Freunden die Firma Kraftwerk- später Bergwerk- gegründet habe, mit einer eigenen kleinen Rahmenmanufaktur. Parallel dazu war ich 18 Jahre für die Firma Canyon tätig. Bis ich zurück zu den kleinere Herstellen und der Firma Rotwild gegangen bin. Dort leite ich die Vorausentwicklungsabteilung mit einem Zweigbüro in Garmisch Partenkirchen.

Lutz bei der Arbeit

Was sind Deine konkreten Aufgaben? Woran arbeitest Du zurZeit? Wer ist Dein aktueller Arbeitgeber?
Ich arbeite seit einigen Jahren intensiv an Elektro-Mountainbikes- ein extrem spannendes Thema was mir persönlich den Horizont nochmals erweitert hat was man alles mit dem Mountainbike erleben kann.
Wir bei Rotwild arbeiten zur Zeit an besonders leichten Vollcarbon- E MTBs, mit hochintegrierten Antrieben und eigenen Batterielösungen die die technischen Grenzen des E MTBs weiter ausloten.

Am CAD

Was reizt Dich besonders an dieser Aufgabe?
Technologisch habe ich immer mit den neusten Materialien im Rahmenbau, den E Motoren und den Komponenten zu tun. Mich reizt es das nach soviel Jahren der Entwicklung es immer noch eine ständige Weiterentwicklung in allen Bereichen existiert: bessere Geometrien, neue Federelemente, Bremsen und E-Antriebe . Speziell bei den (sportlichen) E MTBs geht es sehr darum das man einen hohen Wirkungsgrad erreicht, um aus der begrenzten Batteriekapazität möglichst viele Höhenmeter heraus zu kitzeln. Schon lange Jahre vor dem eigentlichen Beginn des EMTB- Booms, arbeiten wir mit der Firma BROSE zusammen um immer bessere natürlichere und effiziente Antriebe zu entwickeln und in unsere Bikes zu integrieren. Wir haben bei Rotwild nie einen Unterschied zwischen
E und Non E in unserer Produktpalette gemacht- dafür haben wir am Anfang viel Kritik eingesteckt, erleben aber mittlerweile als EMTB Pioniere immer mehr Erfolg in dieser Sparte.
Ich denke das in Zukunft die Grenze zwischen E und nicht E im MTB Sport immer weiter verschmelzen und neue Klassen von Bikes entstehen.

Handskizzen von Lutz

Kommst Du neben dieser beruflichen Tätigkeit noch regelmäßig zum Mountainbiken? Wo bist Du unterwegs?
Ich komme nach wie vor ununterbrochen seit 40 Jahren sehr viel zum Biken- das ist auch der Hauptgrund der mich seit Jahrzehnten in der Bike- Branche gehalten hat. Für mich gehört Familie, Freizeit, Sport, Wohnen und Arbeiten ganz klar zusammen: mein persönliches Traumrevier und Lebensort habe ich seit über 10 Jahren gefunden: Garmisch- Partenkirchen.

Bike und Skitour

Was ist für dich Das „Ding“, was jeder Mountainbiker wissen sollte?
Seit nett und höflich zu allen Bergsport und Natursportlern. Entwickelt Verständnis zueinander, egal ob man nun wandern, bergsteigen , klettert oder biken geht (mit oder ohne E). Mit Rücksicht und Freundlichkeit kann man alle Schwierigkeiten lösen. Das grimmige vorbeirrasen ohne abbremsen an erschreckten Wanderern und das vollkommen unnötige Hinterradblockieren sind für das teilweise immer noch schlechte Image der Mountainbiker verantwortlich, obwohl es eine so umweltfreundliche und naturverträgliche Sportart ist. Anhalten und ein freundliches Wort wechseln, kann berge versetzten.
Das immer mehr großtechnische Anlagen in die Berge und in die Landschaft gebaut werden und gleichzeitig Trails gesperrt und verboten werden ist für mich ein Zeichen einer verkehrten Welt. Wir müssen unsere Natur respektieren und schätzen und alle menschlichen Eingriffe auf ein nötiges Maß reduzieren. Das gilt auch z.B für Fernreisen: Hinterfragt euch ob diese überproportionale CO2 Emission für ein kurzes Freizeitvergnügen wirklich notwendig ist, oder ob man eventuell die vielen unbekannten Trails in der nächsten und näheren Umgebung besser kennenlernen will.

Ideen und Entwürfe

Willst Du uns evtl. noch etwas sagen?
Ich möchte für mehr Verständnis von EMTB und MTB untereinander werben.
Beides sind eine Sportart mit gemeinsamen Wurzeln ohne wirkliche Gegensätze.
Ich persönlich finde an klassischen Bikes nach wie vor sehr viel gefallen, sei es bei einer schnellen Hardtail-Runde oder beim Bike- Bergsteigen. Trotzdem möchte ich das EMTB nicht mehr missen: die Potenzierung von Trail-Kilometer und die neuen Möglichkeiten bisher unfahrbare Trails zu nutzen haben mir einen neue Welt eröffnet.

Ich bedanke mich recht herzlich für die Mitarbeit von Lutz. Einige weitere Interessante Interviews könnt Ihr in meinem Buch nachlesen: