Ist Mountainbiken politisch?
Eigentlich ist Mountainbiken eine Sportart, manche bezeichnen diese Leidenschaft auch als “die schönste Sportart der Welt”.
Moutainbiken braucht wie jede Sportart einen “Playground”, also einen spezifischen Ort, wo diese ausgeführt wird. Fußball spielt man auf dem Rasen, Tennis auf dem Platz und geschwommen wird im Pool. Mountainbiker benötigen schmale Wege, sogenannte Singletrails und fahrtechnische Herausforderungen wie Sprünge, enge Kurven, Stufen und Wellen. So einfach ist das, sollte eigentlich jeder verstehen.
Doch jetzt wird es politisch. Denn eine Sportart muss man auch verstehen. Und verstehen kann man eine Sache nur, wenn man sie kennt. Wir können von unsrern Politikern natürlich nicht verlangen, dass sie sich mit allen noch so komplexen Themenfeldern, mit denen sie sich tagtäglich herumschlagen müssen, auskennen. Daher lassen sich Politiker gerne beraten. So war es wohl auch vor fast 20 Jahren, als die Ersten Mountainbiker in den deutschen Wäldern auftauchten. Leider waren es damals die falschen Berater. Dabei ist ein Fehler passiert, der seit 1995 im Baden Württembergischen Landeswaldgesetz steht. Und damit sind wir endgültig bei der Politik. Mann nennt die Berater Lobbyisten. Und die gab es damals. Der Forst wollte keine weiteren Zeugen im Wald, die das Märchen von der Nachhaltigkeit entkräften konnten. Sie wollten mit riesigen Maschinen möglichst profitabel ernten. Jäger wollten weiterhin unbeobachtet töten können und Wanderer und Naturschützer wurden ebenfalls gegen uns Biker aufgehetzt.
Wir Moutainbiker wurden schlichtweg für illegal erklärt. Man schmückt sich zwar gerne mit Olympiasiegern und Medaillen, aber zum Trainieren müssen unsere Sportler seit Jahren ins benachbarte Ausland ausweichen. Nachwuchsförderung kann und darf es nicht geben. Jugendliche sollen besser zu Hause vor dem Fernseher konsumieren, statt draußen im Wald die Natur kennen und lieben zu lernen. Unsere Kinder würden erleben und lernen, wie man sich tolerant und rücksichtsvoll verhält. Wie man mit Natur und Umwelt, aber auch unsern Mitmenschen umgeht. Ja, sie würden es lernen, aber sie dürfen es nicht. Und Vereine und Väter dürfen es ihnen nicht zeigen.
Jetzt wären wir wieder bei der Politik. Politiker dürfen Fehler machen. Aber sie müssen auch erkennen, wenn sie den falschen Beratern auf den Leim gegangen sind. Dann haben sie die Chance, diese Fehler zu berichtigen. Manchmal muss man etwas nachhelfen. Die Bürger müssen Unterschriften sammeln, damit die Politiker sich mit den Realitäten im Land befassen. Über 50000 Bürger haben dies getan. Alleine 30000 Bürger, Wähler und Steuerzahler aus Baden Württemberg fordern die Politik auf, den Fehler im Landeswaldgesetz endlich zu beseitigen.
Update 23.11.2013. Ende der Zeichnungsfrist der Petition.
Ergebnis:
58.210 UNTERSTÜTZER
34.180 IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Kann die Politik auf 50000 Wählerstimmen bei der nächsten Wahl verzichten? 50000 Stimmen, die den derzeit regierenden Parteien bei der nächsten Wahl fehlen werden? Die Erwartung war riesig, als es bei der letzten Landtagswahl einen Regierungswechsel gab. Die Aufgaben waren da, die Erwartung ebenfalls. Aber Erwartungen, die nicht erfüllt werden, Fehler die nicht beseitigt werden, führen zu Enttäuschung, bitterer Enttäuschung und Wut.Wut über die Politik. Über Politiker die Fehler nicht beseitigen, die Erwartungen und Versprechen nicht erfüllen. Die Ihre Bürger und Wähler weiterhin in die Illegalität drängen. Illegalität, dort wo es keine geben sollte und dürfte. Bei der Jugendarbeit, im Ehrenamt, beim Sport in der Freizeit.
Wir Mountainbiker reichen allen Beteiligten die Hand. Wir sind bereit, uns bei der Wegepflege zu beteiligen. Wir wollen tolerant und respektvoll mit der Natur und anderen Waldbesuchern umgehen. Wir halten uns an Regeln, die der gesunde Menschenverstand verlangt. Wir provozieren keine Unfälle, wir achten die Natur. Wir kennen die Natur, wir wissen worum es geht. Wir würden dies gerne unsrern Kindern zeigen, und wir werden es tun. Legal oder Illegal. Aber wir werden unsren Kindern gerne sagen: “geht biken, es ist gut, es ist schön, es macht Spaß und Ihr dürft das!”
Hier gibt es weitere Infos zu dem Thema: Open Trails
Danke für den super Bericht. Sehr schön, einleuchtend und realistisch geschrieben. Mit den 50000 Unterschriften sollte jedem klar sein, dass wir keine Minderheit mehr sind. Mountainbiken ist ein Volkssport.
Ein Gruss aus der Schweiz!
Gut geschrieben! Klar, dieses Landeswaldgesetz ist in dieser Form absoluter Unsinn und gehört geändert! In einem persönlichen Punkt muss ich den Autor aber ergänzen: die einzigen, die mich gegen Mountainbiker “aufgebracht” haben, waren Mountainbiker selber. Nicht missverstehen: ich habe nichts gegen Mountainbiker im Allgemeinen!! Es gibt aber auch unter den Mountainbikern intolerante Idioten, die komplett jede Regel ignorieren, durch frisch gepflanzte Aufforstungen brettern, sich Wanderern grundsätzlich nur mit Höchstgeschwindigkeit nähern (soll der doch ausweichen) und Zusammenstösse / Rempler zumindest billigend in Kauf nehmen, manchmal auch bewusst herbeiführen. Der Versuch einer Diskussion mit 4 Mountainbikern, die ein explizites (und begründetes) Fahrradverbot auf einem Privatweg komplett ignorierten scheiterte schon im Ansatz und ging in wüsten Beschimpfungen durch die Angesprochenen unter.
==> JA zur Entkriminalisierung von Mountainbikern
==> JA zu mehr Toleranz, aber bitte in beide Richtungen!!
Sehr guter Artikel, spricht mir aus dem Herzen!
Und ja, es gibt schwarze Schafe unter den Bikern, die rücksichtslos die Trails hinunterrasen.
Aber es gibt auch schwarze Schafe unter den Wanderern, die z.B. einfach ihren Müll im Wald hinterlassen.
Sollte man deshalb die Wege für Wanderer sperren weil “DIE WANDERER” Umweltverschmutzer sind?
Sicher nicht! Deshalb: Keine pauschalisierten Verbote wegen ein paar schwarzer Schafe. Diese sind die Ausnahme und nicht die Regel!
OPEN TRAILS!
habe natürlich längst die Petition unterschrieben und an MTB-Freunde weitergeleitet. In Hessen erfolgreich abgewehrt und in Rheinland-Pfalz dürfen wir auch Singletrails fahren. Schnell von B-W in den Pfälzerwald, in Paradies angekommen! Rücksichtnahme auf Wanderer bei uns grossgeschrieben!
grundsätzlich geht es ja bei den Verboten um die Akzeptanz vom singletrailfahrenden Mountainbiken.
Ob es nun Bern oder B-W oder Österreich oder Trentino ist. Es geht um eine Grundsatzfrage.
Ist der Sport Mountainbiken auf Singletrails von der Öffentlichkeit toleriert und anerkannt.
Was viele vielleicht verkennen, viele Mountainbiker fahren nie auf Trails und wollen dies auch nicht. Ich denke dies ist v.a. in Österreich, Südtirol und der Schweiz die Mehrheit.
Hier gibt es eine etwas einseitige Sicht.
Hier wir immer von den MTBer gesprochen!
Aber den gibt es nicht. Zwischen CC-Racer und Freerider liegen Welten.
Das ist vielleicht auch der Grund warum der MTB-Sport keine Lobby hat, im Gegensatz zu anderen Sportarten welche einen viel grösseren Impact auf die Natur und Umwelt haben.
MTBer sind Individualiesten und eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Interessen. Es gibt MTBer die nie auf Trails fahren und welche die ausschliesslich auf Trails fahren. Es ist daher auch nicht derselbe Playground!
Ich bin überzeugt, dass es noch weitere Verbote geben wird v.a in den Hotspots.
Singletrailfahren beherbergt halt ein Konflikpotential durch die Mischnutzung von Wegen.
Der Weg geht Richtung Kanalisierung nach dem Vorbild der USA. Flow-Trails, Freeride Strecken, angelegte Trails etc. spriesen ja überall aus dem Boden.
Denke langfristig wird das die (ungeliebte) Lösung sein.
ein paar Antworten auf die Kommentare:
@Ebnater: Es gibt überall schwarze Schafe, egal ob auf der Straße, auf der Skipiste oder im Wald. Leider werden die Biker dann schnell kollektiv verurteilt, was nicht richtig ist. Aber ein korrektes, tolerantes und umweltgerechtes Verhalten wie z.B. in den Trail Rules der DIMB beschrieben kann und darf man von allen Bikern einfordern. Leider ist ein Fehlverhalten der Biker oft ein Resultat aus der bisherigen Kriminalisierung. Man ist einfach sauer, ständig angemault zu werden. Frisch gepflanzte Aufforstungen sind ebenso tabu wie das “kreuz und quer durch´s Naturschutzgebiet” fahren. Frage: Wo gibt es Privatwege im Wald? Es gibt privaten Waldbesitz, aber meines Wissens gilt dort ebenso wie im Staatswald das allgemeine Betretungsrecht.
@Derek: Es ist gerade der Reiz dieser Sportart, dass sie so unendlich viele Facetten und Kombinationsmöglichkeiten bietet wie wohl keine andere. Dennoch sollten alle, für die ein Fahrrad mehr ist als eine Drahtesel mit Dreigangschaltung in dieser Sache zusammenstehen. Egal ob man selber Singletrails fährt oder lieber nur auf Schotter oder ausschließlich im Bikepark. Es geht hier um die Abschaffung eines sinnlosen und diskriminierenden Gesetzes.
Zusätzliche Angebote wie Flowtrails,Bikeparks, Downhillstrecken, Dirtparks und Pumptracks sind begrüßenswert. Eigentlich sollte dies überall so selbstverständlich sein wie Spielplätze und Parkbänke. Nur so wird sich Mountainbiken in den Köpfen aller Menschen als wohnortnaher Volkssport etablieren. Dies darf aber niemals als Kanalisierung und Ersatz für ein allgemeines Betretungs- und Befahrungsrecht auf allen Wegen in Wald und Flur gehandelt werden.