Eines der besten Mountainbikereviere Europas kommt ohne Beschilderung aus. Wie ist das möglich? Möchte man irgendwo in Deutschland oder im Alpenraum Mountainbikestrecken ausweisen, ist immer zuerst die Rede davon, dass man sehr viel Geld für die Beschilderung investieren muss. Es ist von Lenkung und Kanalisierung die Rede, allzu oft leider auch von Verboten und Beschränkungen.
In Finale Ligure ist alles ganz anders. Über 70 Singletrials sind auf der aktuellen Karte eingezeichnet. Draußen im Gelände findet man die Trails, allerdings keine Namen, keine Schilder, keine Schwierigkeiten, keine Warnhinweise. Und es funktioniert trotzdem.
Die Trailheads (Startpunkte) der Abfahrten sind in der Regel einfach zu erreichen und zu finden. Der Trailverlauf an sich ist meist klar ersichtlich, die Singletrails sind logisch angelegt und weisen in der Regel keine Kreuzungspunkte mit anderen Abfahrten auf. An Kreuzungen mit Forstwegen ist schnell klar wo es weiter geht. Die Trails werden oft genug befahren, dass man z.B. am fehlenden Laub den Wegverlauf deutlich erkennen kann. Und dann gibt es ja noch GPS. Ein Segen, möchte man ein neues Tourengebiet erschließen. Die auf der Openstreetmap (OSM) basierenden Karten openmtbmap und Freizeitkarte enthalten alle Singletrails. Die Schwierigkeit der Trails ist anhand eines einfachen Farbschemas aus der Mountainbikekarte ersichtlich und nach Singletrailskala klassifiziert.
Fazit: Man vermisst die Schilder nicht!
Doch wie funktioniert das in der Praxis? Zugegeben, das Bikerevier rund um Finale Ligure ist nicht gerade übersichtlich. Oft fährt man durch dichten Bewuchs und verliert nach ein paar Kurven schnell die Orientierung. Doch schon nach kurzer Zeit gelingt es einem, einen groben Überblick über die Orte im Tal und die Systematik der Straßen zu erlangen. Vorteil ist natürlich, dass man irgendwann immer wieder unten raus kommt und zurück ans Meer rollen kann. Zudem trifft man ständig Leute auf den Singletrails, die man zur Not auch mal nach einem Tipp oder dem nächsten Trail fragen kann. In der Praxis helfen Karten, Tourbeschreibungen, GPS und Smartphone.
Der Vorteil des Systems liegt klar auf der Hand. Es wird konsequent in den Ausbau und en Erhalt des Wegenetzes investiert. Geld für das Aufstellen und Warten der Beschilderung wird dagegen komplett eingespart und steht für wichtige Dinge zur Verfügung: Nämlich für die Wahrung der hohen Qualität der Strecken. Eine gute Entscheidung!
Ganz nebenbei ergibt sich aus diesem Verzicht auf Beschilderung eine lukrative Einnahmequelle. Bucht man in Finale Ligure für einen Tag einen Shuttleservice ist ein Guide mit dabei. Dieser ist in der Lage die für die Gruppe geeignete Kombination und Reihenfolge der gefahrenen Strecken auszuwählen und bei Bedarf anzupassen.
Abschließend gibt es zu sagen: Das abwechslungsreiche und qualitativ hochwertige Wegenetz macht Lenkungsmaßnahmen und Fahrverbote gänzlich überflüssig. Gefahren wird dort, wo die Wege geeignet und gut gebaut sind. Woanders muss man es erst gar nicht probieren.
Finale zeigt wie es geht, andernorts muss man das Rad nicht neu erfinden. Einfach mal ausprobieren, es wird Euch gefallen…