Besuch in Stromberg

Stromberg. Ein Ort, der unter Mountainbikern einen bekannten Namen trägt. Doch wo befindet sich dieser sagenumwobene Ort, in dem Milch und Honig fließen soll, der Mountainbiker die Faszination des Flows erfahren kann ohne sich über Wegsperrungen und Einschränkungen Gedanken machen zu müssen?

Heutzutage muss man zum Glück nicht lange suchen oder gar jemanden Fragen. Ein Blick auf Facebook oder bei Google genügt. Unter dem Begriff „Flowtrail“ findet man Stromberg ziemlich schnell auf der Landkarte. Und dies zu Recht, wurde doch in Stromberg erstmalig ein solcher Trail angelegt und sozusagen ein Standard für viele Nachahmer definiert.

Aus dem „verbotenem Land“ Baden Württemberg ist der Weg leider ziemlich weit. Ganze drei Stunden muss man sich ins Auto setzen, um von der Ostalb über die A7, die A6 und die A61 schließlich nach Stromberg zu gelangen. Nutzt man Google Maps zur Navigation, landet man komischerweise erst mal auf dem Friedhof von Stromberg. OK, es wäre einfacher gewesen: einfach die Augen aufmachen und der Beschilderung folgen. Die Straße führt durch enge Gässchen des malerisch gelegen Orts und dann Richtung Golfplatz und Walderlebniszentrum. Und dann sind bereits die ersten Parkplätze angeschrieben. Tatsächlich gibt es fünf davon, die irgendwo im Wald verteilt oder neben dem Schwimmbad zu finden sind. Eigentlich ist es nun egal, von wo aus man startet, denn den Weg zur ersten Abfahrt muss man sowieso aus eigener Kraft bewältigen.

Dann wird es einfach. Große Schautafeln zeigen wo es lang geht und auch die Wege zum Flowtrail Stromberg sind gut ausgeschildert. Der eigentliche Trail besteht aus zwei Abfahrten, dem wild hog (zu Deutsch Wildschwein) und dem anspruchsvollen No Jokes (kein Witz). Anfängern sei geraten, erst einmal auf dem wild hog zu trainieren, denn am no jokes gibt´s wirklich nichts zu Spaßen und die eingebauten Hindernisse sind nicht abrollbar.

Abrollbar? Was ist damit gemeint? ganz einfach: die Idee hinter einem Flowtrail ist es, allen Mountainbikern eine attraktive und ansprechende Strecke zu bieten, ohne dabei Anfänger zu überfordern oder gar zu gefährden und für Kenner und Könner auf der selben Stecke anspruchsvolle fahrtechnische Herausforderungen zu bieten. Klingt erst einmal kompliziert, ist aber ganz einfach. Der Schlüssel liegt nämlich im besagten „abrollbar“. Das bedeutet im Klartext: der Anfänger rollt über eine Welle, der versierte Fahrer nutzt diese Welle als Absprung um die Strecke mit hoher Geschwindigkeit zu fahren. Was jetzt für den Außenstehenden vielleicht gefährlich klingen mag, gestaltet sich in der Praxis aus durchaus praktikabel. Selbst Eltern mit Kindern können einen Flowtrail gemeinsam fahren. Die Kleinen rollen langsam voraus, der Papa sichert von hinten ab und kann kurz darauf mit hoher Geschwindigkeit den Sprösslingen folgen. Funktioniert, muss man einfach mal ausprobieren…

Warum Flowtrail und braucht ein Mountainbiker extra gebaute Strecken? Ja, weil es Spaß macht. Sich in der Kurve in einen Anlieger legen statt die Geschwindigkeit zu drosseln. Eine Welle, eine Kante oder einen Absatz springen oder einfach nur darüber rollen ist einfach eine andere Art sich mit seinem Sportgerät in der freien Natur zu bewegen als auf einem andern Weg. Daher machen Flowtrails Sinn und stellen eine wertvolle Ergänzung und eine Bereicherung für den Mountainbikesport dar. In Stromberg ist diese Ergänzung vorbildlich gelöst.

Denn neben den zwei Abfahrten gibt es einen beschilderten Rundkurs, bei dem man auf schmalen Pfaden (sogenannten Singeltrails) wieder nach oben gelangt. Der Besucher hat die freie Wahl, ob er diese Wege benutzen möchte oder lieber kraftsparend und direkt auf den meist parallel verlaufenden Schotterwegen fahren (oder schieben) möchte. Auf diesen Singletrails ist es übrigens im Gegensatz zu den zwei Abfahrten erlaubt in beide Richtungen zu fahren. Zudem dürfen die Singeltrails auch von Fußgängern benutzt werden. Auf den Abfahrtsstrecken ist der Hinweis „bitte nicht betreten“ angebracht. Eine sinnvolle Einschränkung, da man ja den Flow der Mountainbiker ja nicht unterbrechen möchte.

Video aus Stromberg:

Flow. Was ist das eigentlich? Dazu wurde schon viel gesagt und geschrieben. Kurzum ist das genau der individuelle Zustand zwischen Forderung und Überforderung ohne dass dabei Langeweile aufkommt. Individuell deshalb, weil jeder Einzelne seinen Flow an anderer Stelle findet. Auf das Mountainbiken übertragen bietet ein Flowtrail an vielen Stellen verschieden Schwierigkeitslevel an. Damit stellt man situativ seinen Grundzustand ein. Feinjustiert wird über die Geschwindigkeit.

In der Praxis ist dies mit den gängigen Farben blau, rot und schwarz mit Pfeilen und Wegweisern gekennzeichnet. Ergänzt wird das System durch  Totenköpfe. Dieser sagt eindeutig: hier nur für Könner, der Sprung ist nicht abrollbar, sondern hier muss mit der richtigen Geschwindigkeit und Fahrtechnik gesprungen werden.

Ergänzt wird der Flowtrail in Stromberg  noch durch einen gut ausgestatteten Übungsparcours . An Wellen, Rampen, Brücken, Treppen , Baumstämmen und Holzkonstrukrtionen (Brücke, Steilabfahrt, Wippe) könne alle erdenklichen fahrtechnischen Grundlagen und fortgeschrittenen Techniken erlernt und trainiert werden. Zusätzlich gibt es einen Pumptrack. Das ist ein kleiner Rundkurs, in dem man das Mountainbike alleine durch Gewichtsverlagerung und einer pumpenden Bewegung über Wellen und durch Anlieger in den Kurven bewegt. Der Bewegungsablauf ähnelt dabei dem beim Schaukeln. Alles in Allem eine runde Sache.

Fazit:

was hat gefallen in Stromberg?

Die ganze Anlage ist bestens gepflegt und die Strecken sind in sich gut und schlüssig gebaut. Dass man sich nicht nur auf ein oder zwei Abfahrten konzentriert hat, sondern einen Rundkurs und einen Übungsparcours findet ist ein absoluter Pluspunkt. Die Schautafeln und die Beschilderung sind eindeutig und man kann sich schnell orientieren. Die Bauwerke sind solide und zeugen von hoher handwerklicher Qualität. Sitzgruppen und Radständer am Start und am Trainigsparcours ermöglichen eine Rast und den lockern Plausch mit andern Besuchern. Eine Reparaturplatz ist vorhanden und zumindest rudimentär mit Standpumpe und Werkzeug ausgestattet. Der Wald und die Landschaft sind nett, der Ortskern von Stromberg ist malerisch.

Und was kann man besser machen?

Das Mobilfunknetz ist katastrophal. Datenübertragung und der schnelle Fotopost bei Facebook oder Instagram ist praktisch unmöglich. Kann man verkraften, solange man im Notfall überall telefonieren kann.

Leider liegt der Flowtrail etwas abseits vom Schuss. Um zum Beispiel in den Ortskern zum Mittagessen zu gelangen muss man die Strecke verlassen. Für lokal ansässige Mountainbiker sicher kein Problem, für Gäste könnte hier sicher ein etwas attraktiveres Angebot entstehen, zumal die lokale Gastronomie dann auch stärker vom Flowtrail profitieren könnte.

Abschließend kann man sagen, dass der Flowtrail Stromberg seinen internationalen Ruf zu Recht genießt und Europaweit als Referenzanlage für Mountainbikestrecken dient. Als Ergänzung zum bestehenden den Wegenetz sollte jeder Mountainbiker eine solche Strecke mit dem Fahrrad erreichen können. Dies wäre ein wirklicher Beitrag zum Umweltschutz, denn dann würden viele das Wochenende lieber in der Heimat verbringen, statt sich stundenlang ins Auto zu setzen, um den nächsten Flowtrail zu erreichen…

Links:

DIMB Flowtrails

Webseite Flowtrail Stromberg

Facebookseite Flowtrail Stromberg

Anfahrt Flowtrail Stromberg

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